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Ein Krimi mit Kimmi

oder

Der Impfschaden

von Britta Leinemann (2007)

Mobirise

Am ersten Dezemberwochenende 2005 holte ich meine Zweithündin Kimmi „vom Schäfer“. Sie war eine zwar schüchterne, aber muntere und verspielte 14 Monate alte Hündin und wirkte sehr aufgeschlossen.
Bis… ja, bis ich nach einer Woche auf die fatale Idee kam, sie impfen zu lassen. Ich halte zwar seit Jahren nichts von der jährlichen Impfdröhnung, aber da Kimmi bislang überhaupt noch nicht geimpft war, dachte ich, eine Grundimmunisierung wäre sinnvoll…

Am Freitag, dem 09.12.05, bekommt Kimmi also die Impfung. Die Tierärztin lobt freudig, wie ruhig und gelassen sich Kimmi gibt.

Am Sonntag bemerke ich zum ersten Mal, daß Kimmi manchmal beim Stehen ein Bein hochzieht. Das verschlimmert sich täglich, bis sie am Mittwoch kaum noch laufen kann. Ich lasse sie in der Tierklinik untersuchen, die Gelenke werden abgetastet und geröntgt. Es gibt keinen Befund, obwohl der Hund offensichtlich sehr starke Schmerzen hat. Ich werde mit Traumeeltabletten und der Diagnose „vermutlich irgendwie vertreten“ nach Hause geschickt.

Kimmis Zustand verschlechtert sich allerdings dramatisch, sie bekommt hohes Fieber. Am Freitag kann sie überhaupt nicht mehr stehen, liegt nur noch apathisch herum. Meine Verdachtsdiagnose „Impfschaden“ wird in der Tierklinik mit der Bemerkung „das hätte dann sofort einsetzen müssen“ weggewischt. Schulmediziner sind mir offensichtlich keinerlei Hilfe in dieser Sache. Also wende ich mich an eine naturheilkundliche Tierärztin.

Die Tierärztin ist erschrocken über Kimmis kläglichen Zustand und gibt ihr als Sofortmaßnahme Elektroakupunktur, was der Hündin sichtlich gut tut. Mußte ich sie in die Praxis tragen, weil sie nicht laufen konnte, verläßt sie sie nach der Akupunktur bereits auf eigenen schwachen Pfoten. Weiter pendelt die Tierärztin ihr ein homöopathisches Mittel aus, mit dem es ihr in spätestens drei Tagen deutlich besser gehen soll.
Drei Tage später geht es Kimmi tatsächlich bedeutend besser. Sie nimmt wieder Anteil an der Umwelt, kann wieder gehen. Körperlich geht es ihr von Stunde zu Stunde besser. Psychisch hat sie jedoch einen „Knacks“ bekommen. War sie vorher zwar schüchtern, aber gelassen, wirkt sie jetzt völlig verängstigt und scheu. Jedes laute Geräusch, jeder Lichtreflex an der Wand lässt sie zusammenfahren. Die Tierärztin erklärt, dass ein Impfschaden die Psyche eines Hundes zwar nicht völlig „verdrehen“, aber latent vorhandene Züge drastisch verstärken kann.

Zweiter Weihnachtsfeiertag, 10:00 Uhr morgens. Ich lasse die Hunde zum Pinkeln in den eingezäunten Garten. Nur wenige Minuten später rufe ich sie wieder rein. Jenna kommt, Kimmi nicht. Ich suche in jeder Ecke des Gartens, in den Nachbargärten – Kimmi ist weg. Ich renne zum Auto, will starten – es gibt keinen Mucks von sich, die Batterie ist leer. Fluchend haste ich ins Haus zurück, ziehe mich warm an, nehme Jenna an die Leine und wir machen uns zu Fuß auf die Suche. Mittlerweile hat ein starker Schneefall eingesetzt, der jede evtl. vorhandene Spur im Nu zuweht…
Da ich überhaupt keine Ahnung habe, in welche Richtung Kimmi gelaufen sein könnte, laufe ich immer größer werdende Kreise. Zwischendurch alarmiere ich die Polizei, das Tierheim und den Förster. Von Kimmi keine Spur. Furchterregende Schneeräummaschinen schaufeln sich durch die Straßen. Na toll, das ist ja für eine scheue Hündin genau das Richtige!
Es wird dunkel. Ein Mann mit Dackel erzählt mir, Kimmi sei ihm am Morgen am Waldrand eine Zeitlang gefolgt, habe sich aber nicht anfassen lassen und sei dann irgendwann gegangen.

Gegen 18:00 Uhr ruft die Polizei an: Ein Mann hat sich gemeldet, der evtl. einen „kleinen Schäferhund“ auf der waldnahen Landstraße angefahren hat. Der Hund sei jedoch weggelaufen.
Mir wird schlecht. In Gedanken sehe ich meine kleine Hündin verletzt und sterbend in einem Graben liegen. Zusammen mit Bekannten suche ich mit Taschenlampen die Gegend rund um die Landstraße ab. Nach Mitternacht geben meine Bekannten auf, ich suche weiter bis 2:00 Uhr, dann muß auch ich aufgeben. Schlafen kann ich diese Nacht nicht. Die Temperaturen draußen sind – 20 °C, Bilder von einer verletzten und erfrierenden Kimmi geistern in meinem Kopf herum, ich sehe sie von Wildschweinen zerrissen… Trotz der warmen Bettdecke friere ich erbärmlich – es sind die Nerven.

Ohne Frühstück – ich kriege nichts runter – mache ich mich mit Jenna am nächsten Morgen wieder auf die Suche. Gegen Mittag trifft Tada mit ihren Hunden ein und wir durchkämmen verschiedene Waldgebiete. Ohne Erfolg. Kurz vor dem Dunkelwerden erreicht mich der Anruf eines Jägers, Kimmi sei gerade von verschiedenen Leuten in Stadtnähe am Waldrand gesehen worden. Ich renne so schnell wie möglich dort hin. Natürlich ist der Hund längst über alle Berge, doch die Erzählungen der Augenzeugen ergeben: Sie läuft schnell wie ein Pfeil, ist also unverletzt! Sie hat versucht, der Straße, die vom Waldrand nach Hause führt, zu folgen. Leider hat irgendetwas sie erschreckt und sie lief zurück in den Wald. Gott, was bin ich froh, dass sie laufen kann!
Den Abend verbringe ich damit, Suchplakate auszudrucken, mit denen ich bis spät Nachts die ganze Gegend „tapeziere“.
Mobirise

Mittwoch morgen noch vor Sonnenaufgang postiere ich mich im Auto am Waldrand. Man hat mir gesagt, Hunde laufen immer in Kreisen, also muß Kimmi irgendwann dort wieder auftauchen. Da die Kreise immer größer werden, kann das lange dauern, also habe ich zu Essen für Jenna und mich und zu lesen dabei. Am frühen Nachmittag kann ich jedoch nicht mehr sitzen, Jenna muß auch dringend raus, also beschließen wir, am Waldrand entlang zu laufen. Ein Weg von ca. 15 Minuten.
Als wir zurückkommen, spricht mich eine Frau an, sie habe den Hund gesehen, der auf den Plakaten abgebildet sei. „Ach, haben sie ihn wieder?“ fragt sie, auf Jenna deutend. Ich erkläre, dass es zwei von der Sorte gibt und die eine noch vermisst sei. Die Frau erzählt, ein Hund, der Jenna ganz ähnlich sah, sei vor ca. 15 Minuten immer im Kreis schnüffelnd in dem Waldstück (direkt vor meinem Auto!!!) herumgelaufen und dann wieder verschwunden. Ich könnte schreien! Da sitze ich stundenlang auf meinem Posten und in den paar Minuten, die ich weg bin, taucht Kimmi hier auf!

Kurz darauf erreicht mich ein Anruf, ein Hund wurde allein auf den Feldern im Süden der Stadt gesehen. Ich fahre sofort hin, dort ist natürlich kein Hund mehr zu sehen.

So geht es mir noch mehrmals. Beim Plakataufhängen erzählt mir ein Passant, genau DEN Hund habe er gestern gesehen… Ich weiß schon nicht mehr, ob ich das überhaupt glauben kann.

Donnerstag. Wieder ein Tag, an dem ich von morgens bis abends mit Jenna auf der Suche bin. Keine Spur von Kimmi, keine Zeugenberichte mehr.

Manchmal knallt es laut. Samstag ist Sylvester und manche Leute können es anscheinend mal wieder nicht abwarten. Ich muß Kimmi bis dahin gefunden haben! Wenn sie wegen der Böllerei in Panik gerät und tiefer in die Wälder läuft, gibt es keine Chance mehr. Die Gegend hier im Vorharz ist bergig/hügelig, bewaldet und sehr unübersichtlich. Ein ideales Versteck für einen Hund – bis er einem Jäger vor die Flinte läuft. 

Samstag nacht, Sylvester, 24:00 Uhr. Ich habe Kimmi immer noch nicht gefunden. Es knallt und zischt um mich herum, ich sitze heulend vor dem PC und schreibe mir meinen Frust in einem Hundeforum von der Seele. Ich wundere mich noch, wie viele Leute um diese Zeit vorm Computer sitzen und mir antworten. Eine Frau aus Hannover ist dabei, sie bietet mir spontan ihre Hilfe an. Sie hat eine Deutsche Schäferhündin mit dem Talent, vermisste Hunde aufzufinden. Sie hat schon einige gefunden und Frauchen Jule hat sich intensiv mit Studien über das Verhalten entlaufener Hunde beschäftigt. Wir verabreden uns und Jule kommt am Neujahrstag mittags mit ihren beiden DSH zu mir. 

Wir gehen nachmittags in den Wald. Es dämmert bereits, da schießen plötzlich die beiden DSH und Jenna bergauf in den Wald. Man hört das Verteidigungsgebell eines vierten Hundes. Das muß Kimmi sein! Jenna kehrt schnell zurück, danach die eine DSH. Doch die Suchhündin bleibt verschwunden. Ca. 40 Minuten lang. Dann pfeift die zunehmend unruhig werdende Jule ihre Hündin zurück. Die Hündin kommt. Sie bleibt in einiger Entfernung stehen und zeigt durch unschlüssiges Hin- und Herlaufen und Blicke in Richtung Wald, dass sie ihre Aufgabe noch nicht als beendet ansieht. „ Wir können nicht gehen, der vermisste Hund steckt da noch im Wald“ könnte sie sagen – und ich denke, ich bin in einem Lassie-Film…   

Ein kurzer Umweg beim Förster auf dem Weg nach Hause klärt uns auf, weshalb wir Kimmi (?) dort aufgestöbert haben: Dort liegt ein noch recht frischer Rehaufbruch. Offensichtlich haben wir einen (meinen?) Hund beim Fressen überrascht.   
Gegen 1:00 Uhr nachts beschließen wir, schlafen zu gehen. Die DSH sind sehr unruhig und Jule geht mit ihnen noch kurz vor die Tür, ich beziehe derweil das Sofa für die Nacht. Ich will das Zimmer kurz durchlüften, ziehe die Gardine vor der Terrassentür auf – und es trifft mich fast der Schlag: da steht Kimmi vor der Tür! Ich lasse sie rein, sie gibt sich sofort vertraut, begrüßt mich und Jenna freudig, lässt sich durchknuddeln. Keine Spur mehr von dem scheuen „Wildhund“, den sie die letzten Tage „gegeben“ hat.   
Nach ausgiebigem gemeinsamen Freudentanz beschließt Jule, noch in der Nacht nach Hause zu fahren. Kimmi, die ziemlich abgemagert ist, schlägt ordentlich beim Futter zu. Leider verträgt das der leere Magen nicht, und sie übergibt sich stundenlang im Schlafzimmer. Das hört natürlich erst auf, nachdem ich das Zimmer mit alten Bettlaken und Zeitungspapier ausgelegt habe. ;-)
Diese Nacht wird wieder eine schlaflose Nacht, aber nicht mehr vor Angst. Bei jeder kleinsten meiner Bewegungen, jedem Geräusch, steht Kimmi am Bett und bohrt ihre Nase in meinen Körper. Scheint froh zu sein, wieder bei mir zu sein, die Gute.

Mobirise

Ich werde niemals wissen, was die Suchhündin Kimmi „geflüstert“ hat. Fest steht, daß Kimmi die ganze Woche über die Möglichkeit hatte, Jennas und meinen Spuren zu folgen. Sie hat es aber erst nach der Begegnung mit der Suchhündin getan!

Der Grund, weshalb Kimmi weggelaufen ist, war wohl irgendetwas in den Fenstern im 1. Stock, das sie aufgrund ihres geschädigten Nervenkostüms in Panik versetzt haben muß. Es hat bis weit in den Sommer hinein gedauert, bis sich Kimmi im Garten wohl fühlte, ohne ständig ängstlich nach oben in die Fenster zu sehen.


Mit diesem Abenteuer konnte die „Akte Impfschaden“ leider nicht als abgeschlossen betrachtet werden. Kimmi bekam noch im Januar den nächsten Schub, den übernächsten im Februar usw. Die ersten 5 Schübe waren durch Fieber, starke Schmerzen und Bewegungsbeeinträchtigung gekennzeichnet.

Mit der Zeit ließ die Stärke der Symptome immer mehr nach und die Abstände der Schübe vergrößerten sich. Leichte „Schübe“ äußerten sich jetzt eher in plötzlich verstärkter Ängstlichkeit, vermutlich durch die für den Hund unerklärlichen Schmerzattacken (wie eine "Strafe von oben") verursacht. Nach fast 1 ½ Jahren kommt es wieder zu einem sehr starken Schub, die Tierklinik verordnet Schmerzmittel und Cortison. 

Danach ist erstmal jahrelang Ruhe bis der Hund mit 9 Jahren wieder einen heftigen Schub bekommt. Ob sie überhaupt noch einmal einen Schub bekommt oder im Alter gar ständig von Schmerzen geplagt sein wird, weiß niemand.

Fazit: Ich würde jedem Hundebesitzer raten, nicht mehr so sorglos zu impfen. Mittlerweile haben mir noch einige andere Hundehalter von Impfschäden ihrer Vierbeiner erzählt. Es scheint also nicht so selten zu sein, wie die Schulmedizin uns weis machen will. Die Symptome sind außerordentlich vielfältig und sie können sofort nach der Impfung oder erst Monate später einsetzen. Manche Hunde wurden jahrelang schulmedizinisch mit Cortison und anderen starken Medikamenten erfolglos behandelt, bis naturheilkundliche TÄ endlich die richtige Diagnose stellten. Ich möchte nicht wissen, wie viele Hunde abgegeben oder gar eingeschläfert werden, wenn sie sich plötzlich im Wesen verändern und das nicht als Impfschaden erkannt wird.

An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bei all denen bedanken, die mich bei der Suche nach Kimmi unterstützt haben.

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